Kandice

Mein Name ist Kandice. Ich bin vor 9 Jahren nach Berlin gezogen, weil ich mich in die einzigartige Atmosphäre der Stadt verliebt hatte. Seitdem habe ich in vielen unterschiedlichen Vierteln gewohnt und dabei gesehen, wie sehr sich die Stadt verändert hat. Vor dreieinhalb Jahren habe ich dann meine kleine aber feine 1-Zimmer-Wohnung hier in der Box 32 gefunden. Da habe ich mich riesig gefreut, da die Wohnung nicht nur noch bezahlbar war, sondern sich auch in meinem Lieblingskiez befindet, einem Kiez, der mich noch an die Stadt erinnert, in die ich mich einst verliebte. Hier fühle ich mich wohl.

Nun wurde das Haus verkauft und es gibt leider jeden Grund, erhebliche Mieterhöhungen zu erwarten. Obwohl ich für eine in der Bildungsbranche Tätige angemessen verdiene, frage ich mich, ob ich da wirklich mithalten könnte, sollten die Mieten hier im Haus so steigen, wie sie bereits anderswo im Kiez gestiegen sind. Das macht mir große Sorgen, denn ich will nicht von dem Ort weg, an dem ich mich zuhause fühle. Ich mache mir auch Sorgen um den Kiez, den ich liebe. Indem die Bewohner verdrängt werden und die kleinen Kiezläden durch austauschbare Shops ersetzt werden, die sich überall auf der Welt befinden könnten, verschwindet auch das, was das Viertel auszeichnet und attraktiv macht. Davon hat keiner was.

Vor allem aber habe ich ernsthaft Angst davor, in ein anderes Viertel ziehen zu müssen. Ich bin US-Amerikanerin südostasiatischer Herkunft. Auf den Straßen schreit mir hier keiner rassistische Sprüche hinterher, die Leute strecken ihre Ellenbogen nicht raus, wenn ich an ihnen vorbeilaufe. Hier wurde kein Müll auf mich geworfen. In anderen Vierteln sind aber solche Sachen bei mir ein regelmäßiges Vorkommnis. Ich fürchte, in ein anderes Viertel ziehen zu müssen, wo ich immer versuchen müsste, so unauffällig zu sein wie möglich, und wo ich Angst davor haben müsste, auf die Straßen zu gehen. Hier im Boxi-Kiez fühle ich mich aber sicher, weil ich einfach so sein und aussehen kann, wie ich bin. Von hier will ich nicht weg.